Der Stifter der Bierfamilie - Dr. Hans Herzog v/o Choli (1877 - 1936)

 

Hans Herzog, von Beromünster (Kanton Luzern), erblickte das Licht der Welt am 14. März 1877. Als ältester von drei Brüdern verbrachte er seine Jugend in Beromünster, wo sein Vater eine Eisenwarenhandlung führte.

Einer liberalen Tradition folgend, die der Kantonsschule Solothurn manchen tüchtigen Schüler aus dem Kanton Luzern zugeführt hat, schickte ihn sein Vater, zusammen mit seinem Bruder Joseph, in die Ambassadorenstadt, damit er dort in den Genuss einer Ausbildung in freisinnigem Sinn und Geist komme.

So zog Hans Herzog im Spätsommer 1895 nach Solothurn, wo er an der alma mater (scil. an der „alten Kanti“) das Gymnasium besuchte. Bald fand er den Kontakt zu den Wengianern und so wurde er am 7. März 1896 als 140. Mitglied der Wengia Solodorensis aufgenommen und seiner schwarzen Lockenpracht wegen auf das Cerevis „Choli“ getauft.

Die Wengia war kurz zuvor von kräftigen Stürmen erschüttert worden, die darin gipfelten, dass einige Mitglieder ausgestossen wurden. Diese Verstossenen gründeten am 11. Mai 1895 insgeheim einen eigenen Verein und schimpften sich fortan „die Ruppigen“: Dies war die Geburtsstunde der Ruppigonia/Dornachia und der Beginn des nunmehr 101-jährigen Krieges.

Zur Glättung dieser Wogen und zur Konsolidierung des Verbindungslebens war damals ein charaktervoller Zuwachs, wie ihn Choli darstellte, hochwillkommen. Choli fand in den Reihen seiner Farbenbrüder eine Schar von Freunden, „deren Namen heute im engeren und weiteren Vaterland einen guten Klang besitzen und damals für einen einwandfreien Umgang bürgten“ (Max Kaiser v/o Jux, 1937). Zu seinen Conaktiven gehörten u.a.: Walther Bösiger v/o Pollux (späterer Regierungsrat des Kantons Bern), Ernst Fröhlicher v/o Castor (Architekt in Solothurn), Otto Furrer v/o Stiefel (Kantonsoberförster in Solothurn) , Emil Lemp v/o Stock, Eugen Henziross v/o Gizzi sowie Paul de Vallière v/o Schnauz (Instruktor und Autor des bekannten Werkes „Treue und Ehre“).

 

 

Der junge Luzerner nahm mit aufgeschlossenem Sinn aktiv am Verbindungsleben Anteil: Den Sitzungsprotokollen ist zu entnehmen, dass er in einer Diskussion über die Berechtigung der Todesstrafe den humanen (und damals sehr modernen) Standpunkt vertreten hat, obwohl man zu dieser Zeit - nicht zuletzt in seinem Heimatkanton - mehrheitlich noch ganz anders dachte. Bei einer Aussprache über die Judenfrage setzte er sich für eine weitgehende Duldung ein und verurteilt entschieden den Antisemitismus. In einer hitzigen Debatte über das Asylrecht (schon damals!) wehrte er sich konsequent für die Verfolgten. Seine Naturverbundenheit wird belegt durch sein Diskussionsvotum nach einem Vortrag über das Projekt der Jungfraubahn, worin er sich dahingehend äusserte, dass die Berge durch die vielen Hochgebirgsbahnen nach und nach ihren eigentümlichen Reiz verlören.

Hans Herzog v/o Choli war ein hervorragender Humanist und Philanthrop. Stets wahrhaft liberal, weitherzig und teilnehmend konnte man in ihm schon bereits an der Kantonsschule den Menschenfreund erkennen, den ihn später als Arzt so sympathisch machte.


Dass Choli seiner Zeit um einiges voraus war, belegt nicht zuletzt sein Vortrag „Ein Blick in die Zukunft“ den er am 13. Juni 1896 vor der Aktivitas gehalten hat. In diesem Vortrag postulierte er die Beseitigung der nationalen Gegensätze, weitgehende Abrüstung und mehr internationale Kulturarbeit (z.B. Fruchtbarmachung der Wüsten durch Kanäle). Um diese Ziele auf internationaler Ebene verwirklichen zu können, postulierte er die Gründung eines „Bundes der Völker“, wobei ihm wohl der Amphyktionenbund der alten Griechen als Vorbild vorgeschwebt haben mag. Man bedenke, dass diesen Postulaten erstmals mit der Gründung des Völkerbundes - rund 20 Jahre später, nach dem 1. Weltkrieg - ansatzweise Rechnung getragen wurde!

Seinen Blick in die Zukunft manifestierte Choli ebenfalls durch die Gründung einer eigenen Bierfamilie: Am 11. Juli 1896 schnallte er sich Walter Gätteli v/o Blüemli als Leibfux an und legte damit die Wurzel für einen illustren Stammbaum.

Als Folge seines lebhaften Einstehens für die Ideale der Wengia wurde Hans Herzog v/o Choli im Sommersemester 1897 die Charge des Aktuars anvertraut, die er mit Umsicht und Elan geführt hat.

Am Schlusskommers hielt er die „Abschiedsrede der Abiturienten“, worin sein inniges Verhältnis zu seinen Kommilitonen und Studienkameraden, seine Dankbarkeit für die Kantonsschule und ihre Professoren und seine liebevolle Anhänglichkeit an die Stadt Solothurn - die er später auch zu seiner Wahlheimat macht - recht warm zum Ausdruck kommt (Der Wengianer 9 [1896] 66). Am 30. Juli 1897 wurde Choli inaktiviert.

An der Universität in Genf nahm er das Studium der Medizin in Angriff, das er 1902 an der Universität Zürich mit dem Staatsexamen und 1903 mit der Promotion abschloss. (Im Mitgliederverzeichnis der Aktiv-Wengia findet sich folgende Eintragung: „zahlte anlässlich der Doktor-Promotion ein Fass Münchner!“).

Seine Kenntnisse als Spezialarzt für Kinderkrankheiten erwarb er an der Universitätsklinik zu Heidelberg. Es wurde überliefert, dass sich Choli in Deutschland zuweilen spasseshalber als Johann - Herzog von Beromünster vorgestellt habe, was in der damals äusserst obrigkeitsgläubigen Gesellschaft zu erheiternden Szenen geführt haben soll. Die neugierige Frage, ob er denn in Beromünster viele Leute kenne, soll er mit einem distinguierten „mitnichten“ beantwortet haben.

Im Jahre 1903 kehrte Choli nach Solothurn zurück, wo er vorerst im Bürgerspital als Assistenzarzt arbeitete und schliesslich ab 1905 eine eigene Arztpraxis führte.

Im Militär beschritt Choli die „blaue Laufbahn“, die ihren Höhepunkt 1918 in der Beförderung zum Major der Sanität fand.

Im Jahre 1906 vermählte sich Hans Herzog v/o Choli mit Fräulein Marie Isch († 1960), der Tochter des Eisen- und Kohlenhändlers Isch in der Vorstadt. Das Ehepaar Herzog blieb kinderlos. Dafür wurden Nachkommen seiner Brüder begeisterte Wengianer:

Neben Choli trugen folgende Angehörige der Familie Herzog die grün-rot-grüne Couleur: Einer seiner Brüder, med. dent. Joseph Walter Herzog v/o Rapp (aktiv 1898/99, Präsident, Bierfamilie Choli, späterer Zahnarzt, † 1958) und später dessen Enkel, Dr. med. dent. Urs Herzog v/o Knigge (aktiv 1953/54, CR, Präsident der Alt-Wengia 1967-72, Zahnarzt). Sowie die beiden Söhne seines anderen Bruders Hermann Herzog (Eisenhändler), nämlich Dr. ing. Rudolf Herzog v/o Murr (aktiv 1925/26, CM/FM, Bierfamilie Choli, Chemiker, † 1962) und Dr. iur. Urs Herzog v/o Contra (aktiv 1938/39, FM, Bierfamilie Choli, Direktor, † 1985).

Seine Arztpraxis führte Choli im Eckhaus Unterer Winkel/Berntorstrasse in der Vorstadt, im ersten Stock, oberhalb der Eisen- uind Kohlenhändlerei Isch. Er war damals einer der ersten in der Stadt Solothurn, die über ein Automobil verfügten (SO 1477). Als Kinderarzt und als Zeitgenosse überhaupt war Choli überaus beliebt. Seine Kenntnisse, seine Erfahrung und Arbeitskraft stellte er in den Dienst der Allgemeinheit, sei es in der Mütternberatungsstelle, der Kinderkrippe oder für die unentgeltliche Säuglingsfürsorge. Er war Mitschöpfer und ärztlicher Leiter des Säuglingsheims Biberist, war gewissenhafter Impfarzt in Solothurn und Präsident
der Ärztevereinigung der Stadt Solothurn. Er war sehr befreundet mit seinem Kollegen und meinem Grossvater Karl Reber v/o Blitz (der übrigens ebenfalls Angehöriger der Bierfamilie Choli war).

Viel zu früh, im Alter von bloss 59 Jahren, musste Hans Herzog v/o Choli am 11. November 1936 Abschied nehmen. Sein Andenken lebt jedoch weiter - nicht zuletzt in seiner Bierfamilie.

 

Verfasst von Dr. Markus Reber v/o Homer, publiziert im Wengianer II/1996

 

Quellen:

  • Max Kaiser v/o Jux, Nachruf Dr. Hans Herzog v/o Choli, Der Wengianer 49 (1936), S. 79 ff.,
  • Mitgliederverzeichnis der Wengia,
  • Der Wengianer, XIII./IX. und X. Jahrgang,
  • Sitzungsprotokolle, etc.,
  • mündliche Ergänzungen von Dr. Urs Herzog v/o Knigge, Dr. Max Reber v/o Chratz und Prof. Dr. Hans Reber v/o Plato

 

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